ie einen glauben an sie, die anderen negieren sie vehement: Nahtoderlebnisse. Existieren authentische Berichte von Menschen, die mit dem Tod auf Tuchfühlung gingen? Sind sie ein Einblick ins Jenseits? Oder haben die Nahtoderlebnisse eine streng naturwissenschaftliche Erklärung, die jegliche Vorstellung von einem Bewusstsein nach dem Tod verneint? All das sind schwierige Fragen, auf die wir hier versuchen erste Antworten zu finden.
Nahtoderlebnisse rund um die Welt ähneln sich
Im Sterbeprozess verlässt der Geist bzw. die Seele den Körper und der Sterbende beginnt über das Geschehen um ihn herum zu schweben. Der sterbende Mensch sieht alles und hört alles. Einige Personen können – zurück ins Leben gekehrt – das Gesagte von anwesenden Ärzte zitieren, was zu den stärksten Beweisen für Nahtoderlebnisse gehört. Andere empfinden ein großes Gefühl von Glück, Freude und Zufriedenheit. Mit großer Gelassenheit, Ruhe und Frieden in ihrem Herzen gehen sie auf ein warmes Licht zu. Einige sehen in dem Licht Jesus, Gott oder einen nahen Angehörigen. Teilweise empfinden sie es sogar als unangenehm, zurück ins Leben geholt zu werden.
Authentische Nahtoderlebnisse wie diese wurden rund um den Globus gesammelt – über alle Altersgruppen und Kulturkreise hinweg.
Ihre Befürworter sehen darin die große Hoffnung, dass nach dem Eintritt des Todes etwas Schönes auf uns wartet. Vielleicht sogar irgendwann eine Wiedergeburt? Das nähme die Angst vor der Sterblichkeit, denn ein Weiterleben, in welcher Form auch immer, wäre dann möglich.
Skeptiker hingegen stempeln die außerkörperlichen Erfahrungen als Hokuspokus ab. Für sie begründen sich diese Erlebnisse in einer starken Aktivität des Gehirns. Machen sich es diese Menschen zu einfach? Inzwischen mehren sich die Stimmen von Wissenschaftlern, die sich im Bereich Nahtoderlebnisse mehr vorurteilsfreie Untersuchungen wünschen – von beiden Seiten.
Ein Beispiel für ein authentisches Nahtoderlebnis
Zahlreiche Nahtoderlebnisse lassen sich in der Presse lesen. Eines sticht besonders hervor, da sein „Zeuge“ ein Wissenschaftler ist: der US-amerikanische Neurochirurg Eben Alexander. Der Mediziner wachte im November 2008 im Bett neben seiner Frau auf. Er hatte starke Kopfschmerzen. Zwei Stunden später krampfte er. Sieben Tage verbracht er in der Intensivstation eines renommierten Krankenhauses und war kurz vor dem Tod. Alexander litt an einer sehr seltenen Form von Gehirnhautentzündung, wodurch die Gehirnfunktion zunehmend versagte. Die Ärzte waren noch dabei, die Diagnose zu stellen, da hatte der Neurochirurg sich von dem Diesseits hin in eine andere Welt verabschiedet - vorerst.
Das Besondere ist: Alexander war und ist ein Mann der Schulmedizin. Sein Nahtoderlebnis ließ ihn neu über die Themen Tod, Sterblichkeit und Bewusstsein denken. Er fasst sie in seinem Buch „Blick in die Ewigkeit“ zusammen. Er beschreibt dort, dass er sich in einer fantastischen Traumwelt befand, während die Ärzte um sein Leben kämpften. Ein allwissendes Wesen sei ihm begegnet und er hätte sich selbst wissend sowie glücklich gefühlt.
Von größter Bedeutung für ihn war jedoch ein anderes Gefühl: Es war "die bedingungslose Liebe und Akzeptanz", die ihm zuteilwurde.
Seit dem Nahtoderlebnis glaubt Alexander an eine göttliche Existenz. Gibt es also irgendeine Form von Himmel? Existiert ein Bewusstsein außerhalb des Körpers?
Nahtoderlebnisse habe eine lange Geschichte
Nahtoderlebnisse sind keine Ereignisse, die die moderne Medizin hervorbrachte. Auch schon vor tausenden vor Jahren gab es Menschen, welche dem Tod nahe waren. Die älteste Überlieferung geht in das zweite Jahrtausend vor Christus zurück: das Gilgamesch-Epos. Weitere Beispiele sind:
- das ägyptische Totenbuch etwa 1600 vor Christus
- Homers Odyssee etwa 700 vor Christus
- das Tibetische Totenbuch etwa 800 nach Christus
- die Nahtoderfahrungen auf den apokalyptischen Bildern des Malers Hieronymus Bosch
Allen diesen Nahtoderlebnissen sind starke Emotionen gemein, die von großer emotionaler Tiefe sind. Zumeist beschreiben die Menschen Hochgefühle, aber es können auch negative Empfindungen sein. Oft werden die Personen mit Nahtoderlebnissen stark gläubig. Das muss kein Glaube an eine bestimmte Religion sein, sondern ist manchmal ein Glaube an eine höhere Macht. Einher geht das Gefühl mit dem Wunsch, im Leben noch eine wichtige Aufgabe erfüllen zu müssen. Gleichzeitig berichten die Betroffenen, sie könnten jetzt das Leben intensiver genießen.
Oder ist doch alles nur Hokuspokus?
Ein Großteil der Wissenschaftler negiert hartnäckig die Existenz eines außerkörperlichen Bewusstseins. Die Skeptiker argumentieren, dass es nur ein „Streich“ des Gehirns sei. So würde das Hirn 30 Sekunden nach Eintritt des Herztodes besonders aktiv sein. Es wäre ein Feuer, welches durchs Gehirn rasen würde. Somit würde das sterbende Gehirn dem Menschen exzeptionelle Momente bescheren. Einige Neurologen vergleichen diese Gehirnaktivität mit den Erlebnissen von Epileptikern oder Drogensüchtigen. Eine außerkörperliche Erfahrung können nach Auffassung der Schulmediziner auch Personen mit starker Migräne, erheblichen Stress oder Schizophrenie erleben. Auch während der Meditation seien solche Momente nicht selten.
Die Ursache läge in einem Hirnareal im Grenzbereich von Schläfen- und Scheitellappen. Diese Region im Hirn ist für das Selbsterleben des Körpers und das Raumempfinden wichtig. Sobald diese Hirnregion aktiv ist, kann es zur außerkörperlichen Erfahrung kommen. Sind Nahtoderlebnisse also bloße Halluzinationen?
Die bisher größte wissenschaftliche Studie für Nahtoderlebnisse
2014 fand eine Studie statt: „Awareness during Resurrection“ bzw. Bewusstsein während der Wiederbelebung. Im Rahmen dieser befragten Ärzte an über 30 britischen und US-amerikanischen Kliniken 1.500 Patienten. Alle Patienten hatten nach einem Stillstand von Herz und Hirn Nahtoderfahrungen und/oder außerkörperliche Erfahrungen. Dann brachte sie die Wiederbelebung zurück ins Leben.
46 % der Befragten hatten konkrete Erinnerungen aus der Zeit der Wiederbelebung. 2 % waren sogar bei vollem Bewusstsein.
Alle Patienten hatten Erfahrungen, die sich mit den eingangs geschilderten Erlebnissen deckten: Sie sahen ein Licht, schwebten über den Körper oder wussten von den Geschehnissen um sich herum.
In einer anderen Studie befragten Ärzte 140 Patienten, die einen Herzstillstand hatten und überlebten. Mehr als ein Drittel konnte sich an Erlebnisse und Gedanken, die sie während des Herzstillstandes oder der Wiederbelebung hatten, erinnern. Etwa die Hälfte der Patienten beschrieben Gefühle der Gelassenheit und des Friedens. Zugleich hätten sich die Sinne geschärft. Mediziner bewerten diese Fallzahlen als sehr hoch, weswegen weitere Studien dringend angebracht seien.
Unter Umständen ist die reguläre Schulmedizin jedoch (noch) nicht so weit, um verlässliche Ergebnisse zu liefern. Brauchen wir sie überhaupt? Reichen uns nicht die Beweise, die in Form von Erzählungen von betroffenen Personen erfolgten? Entscheide selbst, was du glauben magst.
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