J

uden glauben, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern dass es danach weitergeht. Ihren Gedanken an die Auferstehung der Toten hat das Christentum letztlich übernommen. Doch wie geht es laut dem Judentum nach dem Tod weiter? Gibt es laut Thora eine Wiedergeburt, eine Unterwelt und einen Himmel? Was sagen dazu die Rabbiner? Welche Aufgaben kann ein Rabbi bei der Beerdigung übernehmen? Hier versuchen wir Antworten auf Fragen wie diese zu finden. Dies ist nicht ganz einfach, denn in den hebräischen Schriften gibt es darauf nur wenige Hinweise. Letztlich hängt die jüdische Vorstellung, was nach dem Tod geschieht, von der theologischer Auslegung und Strömung ab. Deswegen lassen sich hier nur die häufigsten Vorstellungen grob aufzeigen.

Judentum: Was geschieht nach dem Tod?

Diese Frage, die die Menschheit seit ihres Bestehens beschäftigt, nimmt auch bei den Juden einen hohen Stellenwert ein. Hierzu ein paar gängige Vorstellungen:

Die Auferstehung der Toten:

Ein wichtiger Glaubenspunkt im traditionellen Judentum ist die Vorstellung von der Auferstehung der Toten. Gemäß dieser Ansicht werden die Toten in der zukünftigen messianischen Ära wieder auferstehen. Die Seele wird mit dem Körper vereint, und die Menschen erleben eine Art körperliche Auferstehung, um am kommenden Weltalter teilzunehmen.

Leben der Seele nach dem Tod:

Einige Strömungen des Judentums, insbesondere das orthodoxe Judentum, glauben an die Unsterblichkeit der Seele. Nach dem Tod verlässt die Seele den Körper und geht in eine Art spirituellen Zustand über, in dem sie in der Gegenwart Gottes existiert. Diese Vorstellung ähnelt der Idee eines Lebens nach dem Tod, in dem die Seele vor Gott weiterexistiert.

Betonung des Diesseits:

Andere Strömungen, wie das konservative und reformierte Judentum, legen weniger Gewicht auf eine detaillierte Vorstellung vom Leben nach dem Tod. Sie betonen stattdessen die Bedeutung des Lebens in dieser Welt und richten ihren Fokus mehr auf ethisches Handeln und moralische Verantwortung im Hier und Jetzt.

Olam HaBa bzw. die Kommende Welt:

Im Talmud und in jüdischen Texten wird oft von „Olam HaBa" gesprochen, der „Kommenden Welt". Diese Vorstellung kann verschiedene Bedeutungen haben, einschließlich des Lebens nach dem Tod oder des Zustands der Seelen in der Nähe Gottes.

Glauben die Juden an Himmel und Hölle?

Wie bereits erwähnt, gibt es nicht „die Juden“. Und so existieren auch diesbezüglich unterschiedliche Vorstellungen von spirituellen Zuständen nach dem Tod - nämlich „Gehinom" und „Himmel". Diese Konzepte sind eng mit religiösen Überzeugungen und kulturellen Traditionen verbunden. Sie variieren je nach theologischer Auslegung und jüdischer Strömung.

Gehinom, oft mit dem biblischen Begriff „Gehenna" in Verbindung gebracht, wird als Ort der Buße und Reinigung betrachtet. Einige Interpretationen sehen Gehinom als einen vorübergehenden Ort der Bestrafung für Seelen, die Sünden begangen haben. Hierdurch erhalten die Seelen Gelegenheit zur Reue und Läuterung, um letztlich Vergebung und spirituelle Reinigung zu erfahren. Diese Vorstellung betont die Idee der Verantwortlichkeit und der Notwendigkeit, für begangene Fehler einzustehen. Gehinom kann auch als metaphorischer Zustand der Umkehr und Reue verstanden werden, der die Seelen auf eine höhere spirituelle Ebene vorbereitet. Gewisse Ähnlichkeiten mit der christlichen Hölle oder dem Fegefeuer sind unübersehbar.

Eine Art Gegenstück und Ergänzung zum Gehinom ist das bereits genannte Konzept „Olam HaBa“. Dieses ist mit einer zukünftigen Zeit der Gerechtigkeit, des Friedens und der spirituellen Erfüllung verbunden. Einige Strömungen des Judentums erachten es als eine Art himmlischer Zustand, in dem die Gerechten belohnt werden und eine enge Verbindung zu Gott erfahren. Olam HaBa repräsentiert die Vorstellung von einem erneuerten und vollkommenen Zustand, in dem die Welt von Leiden und Ungerechtigkeit befreit ist. Auch vielen anderen Religionen sind diese Gedanken nicht fremd.

Und was verstehen Juden unter der Seele?

Im Judentum ist das Konzept der Seele - im Hebräischen "Neschama" genannt - von großer Bedeutung und wird in verschiedenen theologischen und philosophischen Ansätzen diskutiert. Die jüdische Auffassung von der Seele spiegelt den reichen und vielfältigen Charakter der Religion wider. Versuchen wir hier, zumindest eine sehr populäre Sichtweise zu diesem Thema in aller Kürze abzudecken.

So ist die Seele im Judentum oft ein spirituelles Element, welches den Menschen mit Gott und dem göttlichen Ursprung verbindet. Sie ist das, was den Menschen zu einem moralischen Wesen macht, das in der Lage ist, ethische Entscheidungen zu treffen und nach spiritueller Vollkommenheit zu streben.

Hieraus ergibt sich ein weiterer zentraler Punkt: Das Judentum betont die Einzigartigkeit und Heiligkeit jeder einzelnen Seele. Die Seele wird als göttlicher Funke angesehen, der den Menschen mit innerer Spiritualität erfüllt. Sie ist ein Geschenk Gottes und wird als der wahre Kern der menschlichen Identität betrachtet, der über den physischen Körper hinausgeht.

Verschiedene jüdische Strömungen haben unterschiedliche Ansichten darüber, wie die Seele mit dem Körper interagiert und wie sie sich nach dem Tod verhält. Ein Glaubenspunkt ist die Idee der Auferstehung der Toten, bei der die Seele wieder mit dem Körper vereint wird, um am kommenden Weltalter teilzunehmen.

Extrahinweis: Die jüdische Mystik, bekannt als Kabbala, vertieft das Verständnis der Seele weiter. Sie beschreibt verschiedene Aspekte der Seele und betont die Idee, dass die Seele eine Reise der spirituellen Transformation durchläuft, um ihre wahre Verbindung zu Gott zu realisieren.

Bestattung und Umgang mit den Toten im Judentum

Im jüdischen Bestattungsritual sind verschiedene Schritte und Rituale von großer Bedeutung, die sowohl den Respekt vor dem Verstorbenen als auch die spirituellen und ethischen Grundlagen des Judentums verdeutlichen.

Alles beginnt mit der Tahara, bei dem es sich um ein Reinigungsritual handelt. Im Rahmen dessen wird der Tote von speziell ausgebildeten Mitgliedern der "Chevra Kadisha" oder Heiligen Bruderschaft rituell gereinigt. Diese Reinigung symbolisiert nicht nur die äußere Reinheit, sondern auch die spirituelle Vorbereitung auf die letzte Ruhestätte. Im Anschluss wird der Verstorbene in einfache weiße Leinentücher gehüllt. Diese Totenkleidung trägt den Namen Tachrichim. Sie betonen die Gleichheit aller Menschen vor Gott und erinnern an die Bescheidenheit und Einfachheit des Lebens.

Im nächsten Schritt wird der Tote in einem schlichten Sarg aufgebahrt, der oft aus unbehandeltem Holz besteht. Dies ermöglicht eine rasche Rückkehr zur Erde, was ein zentrales Konzept im jüdischen Bestattungsritual ist. Hierauf folgt die eigentliche Beerdigung – genannt Levayah. Sie findet zumeist innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod statt, um den Verstorbenen schnell und ehrfürchtig zur letzten Ruhestätte zu bringen. Während des Levayah begleitet die Gemeinschaft den Verstorbenen zum Friedhof, um Respekt zu zeigen und Anteilnahme zu bekunden. Hierbei sprechen sie Gebete und zitieren Psalm 91. Ein bewegender Moment ist die Keriah, bei der einige Angehörige symbolisch ihr Gewand zerreißen, um Trauer und Verlust auszudrücken. Dieser Brauch erinnert an die Vergänglichkeit des Lebens und drückt die tiefen Emotionen der Trauer aus.

Ein weiteres zentrales Element der Beisetzung ist der Grabstein, genannt Hakamat Matzevah. Er trägt den Namen des Verstorbenen und bewahrt die Erinnerung an sein Leben. Dieser Stein ist mehr als nur ein physisches Denkmal, denn er symbolisiert die Kontinuität der Erinnerung und die spirituelle Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten. Vielleicht hast du in Filmen oder in der Realität schon einmal beobachtet, dass Juden bei dem Besuch eines Grabs einen kleinen Stein auf den Grabstein legen. Dieser symbolisiert Erinnerung, Wertschätzung und Solidarität. Mit diesem Ritual drücken Juden ihren Respekt für den Verstorbenen aus und zeigen, dass die Erinnerung an ihn lebendig bleibt.

Häuser des Lebens und Häuser der Ewigkeit: Was hat es mit den Friedhöfen der Juden auf sich?

„Häuser des Lebens“ und „Häuser der Ewigkeit“ sind bildhafte Bezeichnungen für jüdische Friedhöfe. Diese sehr stimmungsvollen Begriffe unterstreichen die Vorstellung, dass der Friedhof nicht nur ein Ort des Todes, sondern auch ein Ort des Lebens und der spirituellen Verbindung ist. Sie zeigen auf, dass die Verstorbenen weiterhin in Erinnerung bleiben und in einer spirituellen Beziehung zur Gemeinschaft und zu Gott stehen.

Insgesamt spiegeln diese Rituale und Begriffe die jüdische Auffassung von Leben, Tod, Respekt vor den Verstorbenen und Erinnerung wider. Sie verdeutlichen die ethischen und spirituellen Werte, die im Judentum verwurzelt sind und die Bedeutung der Gemeinschaft und des Glaubens in Zeiten des Abschieds und der Trauer betonen.

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

_________

Hinweis in eigener Sache: Dieser Beitrag dient rein zu Informationszwecken. Weder teilen noch lehnen wir die dargelegte Sichtweise ab.

Photo by Anton Mislawsky on Unsplash

Publiziert am
Sep 28, 2023
 in Kategorie:
Ewiges Leben

Mehr zur Kategorie: 

Ewiges Leben

ALLE ANSEHEN

Nehme an unserem regelmäßigen Newsletter teil und lies als erstes die neuen Beiträge:

Vielen Dank! Wir haben Deine Anmeldung erhalten.
Hoppla! Beim Absenden des Formulars ist ein Fehler aufgetreten.